Es kann uns allen passieren: Ein Unfall, eine Krankheit oder schlicht das Alter führen auf einmal dazu, dass wir unsere rechtlichen Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln können und auf die Hilfe anderer angewiesen sind. Für diese Situation gibt es das Betreuungsrecht.
Auf den Fall der eigenen Handlungsunfähigkeit muss sich jede volljährige Person rechtzeitig vorbereiten. Es gilt zu bestimmen, wer die eigenen Interessen – sei es als Betreuer, sei es als bevollmächtigte Person – vertreten soll. Zudem ist Vorsorge zu treffen, dass dieser Mensch auch alle notwendigen Informationen hierfür besitzt. Mit einem Notfallordner ist man für diesen möglichen Moment bestens gerüstet.
Zum Notfallordner gehören die Patientenverfügung, die Vorsorgevollmacht (ersatzweise die Betreuungsverfügung), die Bestattungsverfügung, das Testament, für Eltern die Sorgerechtsverfügung, für Haustierbesitzer die Haustierverfügung sowie eine Reihe von persönlichen Informationen, die einem Bevollmächtigten helfen, seine Aufgaben erfüllen zu können.
1992 wurde das Betreuungsgesetz eingeführt. Geändert wurde es zuletzt 2023. Diese Änderungen führen dazu, dass einmal erstellte Formulare überprüft und gegebenenfalls angepasst werden müssen. Auch persönliche Verhältnisse ändern sich mit der Zeit. Der Notfallordner ist dabei kontinuierlicher Begleiter.
Hat man keinen Bevollmächtigen bestimmt, wird ein Betreuer gerichtlich bestellt. Was die betroffene Person noch selbst tun kann und wofür sie Unterstützung durch einen rechtlichen Vertreter benötigt, wird dann im gerichtlichen Verfahren festgestellt. Dieses Verfahren kann nur vermieden werden, wenn eine Vorsorgevollmacht vorliegt.
Hat man statt einer Vollmacht über eine Betreuungsverfügung einen Menschen bestimmt, der die Betreuung übernehmen soll, der also nicht Bevollmächtigter ist, wird dieser Mensch zunächst vom Gericht überprüft, bevor er die Betreuung übernehmen darf. Bei nahestehenden Personen prüft das Gericht auch, ob es Interessenkonflikte bei der Betreuung geben könnte. Zum Beispiel bei gemeinsame Finanzen. (§ 1816 Absatz 3 BGB)
Gibt es weder Vollmacht noch eine Betreuungsverfügung oder das Gericht folgt dieser Verfügung nicht, zum Beispiel aufgrund der möglichen Interessenkonflikte, setzt es eine andere Person ein. Dieses kann ein beruflicher Betreuer sein, den die betreute Person nicht kennt. Wenn ein Angehöriger die Betreuung übernehmen darf, wird er vom Gericht angehalten, eine Vereinbarung zu unterzeichnen, die ihn verpflichtet, Fortbildungsveranstaltungen zur Betreuung zu besuchen und sich um einen Ansprechpartner eines Betreuungsvereins zu bemühen.
Wenn der Betreuer feststellt, dass die betreute Person in Bereichen Unterstützung braucht, die ihm das Gericht noch nicht übertragen hat, darf er in diesen Angelegenheiten nicht einfach tätig werden. Er muss das Betreuungsgericht unterrichten und dessen Entscheidung abwarten.
Mindestens einmal jährlich muss jeder Betreuer dem Betreuungsgericht über die Entwicklung der persönlichen Verhältnisse der betreuten Person berichten. Der Jahresbericht enthält neben Angaben zu den persönlichen Kontakten auch die Darstellung der Umsetzung der Betreuungsziele und der durchgeführten Maßnahmen wie auch Angaben zur weiteren Erforderlichkeit der Betreuung. (§ 1863 Absatz 3 BGB)
Will der Betreuer Wohnraum der betreuten Person vermieten, so bedarf er hierfür ebenfalls der Genehmigung des Betreuungsgerichts. Dies gilt etwa, wenn der Betreuer während eines Krankenhausaufenthalts der betreuten Person deren Eigenheim vermieten will. Soll hierdurch beispielsweise die Pflege finanziert werden, kann nicht so zügig gehandelt werden, wie es mit einer Vollmacht möglich wäre.
Sind dem Betreuer Angelegenheiten aus dem Bereich der Vermögenssorge übertragen, so hat er bei allen Handlungen zu beachten, dass er das Vermögen nicht im eigenen, sondern allein im Interesse der betreuten Person verwaltet. Ist der Ehepartner der Betreuer, so sind hier die oben genannten möglichen Interessenskonflikte offensichtlich. Für den Betreuer gilt insbesondere die Pflicht, Geld der betreuten Person nicht für sich zu verwenden. Er hat daher darauf zu achten, dass sein eigenes und das Geld der betreuten Person auf getrennten Konten verwaltet werden. Ein gemeinsames Konto kann also zum Problem werden. Fließt dem Betreuten eine Berufsunfähigkeitsrente zu, darf der Betreuer dieses Geld nicht auch für die eigenen oder gemeinsame Einkäufe nutzen.
Damit das Gericht die Finanzen genau kontrollieren kann. ist bei der Übernahme von Angelegenheiten der Vermögenssorge ein Verzeichnis des Betreutenvermögens zu erstellen. Das Vermögensverzeichnis soll auch Angaben zu den regelmäßigen Einnahmen und Ausgaben der betreuten Person enthalten.
Die Angaben sind in geeigneter Weise zu belegen. In bestimmten Fällen kann das Betreuungsgericht eine dritte Person als Zeugen bei der Erstellung des Vermögensverzeichnisses und vor allem bei der Inaugenscheinnahme von Vermögensgegenständen hinzuziehen. Als dann ist vom Betreuer ein Verzeichnis der laufenden Einnahmen und Ausgaben zu erstellen und diese sind zu belegen. Als Betreuer hat man nebenbei also den Job eines rechenschaftspflichtigen Buchhalters bekommen.
Das Gericht bestimmt nun auch die Vermögensverwaltung der Familie: Wird Anlagegeld der betreuten Person anders als auf einem Anlagekonto angelegt, bedarf der Betreuer hierzu einer gerichtlichen Genehmigung.
Bei Grundstücksgeschäften bestehen umfangreiche Genehmigungserfordernisse, nicht nur beim Kauf und Verkauf eines Grundstücks der betreuten Person, sondern ebenso bei der Bestellung von Grundschulden und Hypotheken. Das kann bei einer Prolongation oder Umschuldung einer Immobilienfinanzierung die Verhandlung mit Banken deutlich langwieriger machen, als mit einer Vollmacht und ein günstiges Angebot verstreicht, bevor die Genehmigung da ist.
Das Betreuungsrecht möchte einen Betreuten umfassend schützen. Das ist grundsätzlich zu befürworten. Jedoch kann dieses im Familienleben zu massiven Einschränkungen und Belastungen führen, die über eine Vorsorgevollmacht einfach vermieden werden. Was es mit einer Vorsorgevollmacht auf sich hat und warum jeder Volljährige einen Bevollmächtigen haben sollte in Betreuungsrecht Teil 2: Deine Vorsorgevollmacht